Aquaristik ohne Geheimnisse

Die cameronense-Gruppe

Diese Art ist die Namensgeberin der gesamten cameronense-Gruppe. Dabei handelt es sich um Arten, die aufgrund bestimmter gemeinsamer Merkmale einer Gruppe zugeordnet werden. Parallel dazu gibt es z.B. noch die elegans-Gruppe, die calliurum-Gruppe, die ogoense und so weiter. Alle Gruppen beinhalten zwei oder mehr Arten. Daneben hat es noch systematisch alleinstehende Aphyosemion, z.B. den Aph. raddai.

Diese Gemeinsamkeiten sind zum einen genetisch bedingt. Der amerikanische Wissenschaftler Dr. Glen Collier hat das mal herausgearbeitet. Diese Methode nützt uns Aquarianern aber nicht viel, da wir neue Fische alleine aus der Optik möglichst treffsicher zuordnen müssen. Das geht durchaus, wenn man genau hinschaut.
Schwanzform
So wird man schnell erkennen, dass ein Vertreter der elegans-Gruppe mit einem der cameronense nicht viel zu tun hat. Elegans sind, wie der Name schon andeutet, eleganter und haben auszipfelnde Flossen. Ein Vertreter der cameronense-Gruppe hat maximal einen geraden Rand, aber keine Auszipfelungen. Auch zeigen sie oft farbige Streifen an der Ober- und Unterseite der Schwanzflosse.
metallisch glänzende Farben
Andererseits weisen die cameronense-Fische meistens irgendwelche metallisch blau-grün reflektieren Farbzonen auf. Das wiederum kennt man von den anderen Gruppe nicht. Diese metallisch glänzenden Bereiche können sich auf die Bereich zwischen zwei Punktreihen reduzieren (bei obscurum z.B.) oder wirklich flächig auftreten (maculatum, cameronense).
Das ist sicherlich ein "weiches" optisches Kriterium, aber wenn man es mal in der Wirklichkeit gesehen hat, weiß man, dass kein anderer Aphyosemion solche Farben trägt. Das kann sehr gut mit dem grün-blau-metallischen Glanz eines gut gelaunten Neonsalmlers konkurrieren.
rotes Band an der Schwanzwurzelunterseite
Dann gibt es bei den cameronense oft ein rotes Band an der Unterseite des Schwanzstieles, welches sich bis zum Bauch hinzieht. Auch das kann sehr deutlich ausgeprägt sein oder gar ganz übedeckt sein.
gelben Schwanzfleck
Einige Arten der cameronense-Gruppe tragen auf den Seiten der Schwanzwurzel einen großen gelben Fleck, der allerdings auch stark von anderen Farben und Mustern überlagert sein kann. Aphyosemion amoenum und Aph. halleri wären hier zu nennen, aber auch einige Phänotypen zeigen den gelben Schwanzfleck sehr deutlich. Bei Aph. amoenum wiederum kann er deutlich sein, z.B. bei der Aufsammlung KEK 98/25 oder aber nicht mehr erkennbar wie bei der Aufsammlung "Pouma".
Gelbes Maul bei den Männchen
Die Männchen der cameronense-Gruppe zeigen beim Imponieren und bei den Kommentkämpfen eine deutliche gelbe Maulpartie. Allerdings müssen die Männchen dafüür wirklich in Fahrt kommen, nur dann ist das Signal unübersehbar.

Bisher konnte ich diese gelbe Maulpartie nur bei Aphyosemion hannelorae hannelorae beobachten. Bei anderen Aphysemion nicht.

Es gibt noch ein paar weitere optische Eigenschaften die mehr oder weniger deutlich auftreten, aber ein bis zwei dieser Merkmale findet man bei jedem Vertreter der cameronense-Gruppe, so dass man sie schon gut zuordnen kann. Schwierig kann es allerdings bei raddai und obscurum werden. Die beiden ähneln einer doch und kommen auch aus der selben Region, so dass es dabei zu Verwechselungen kommen kann. Bis vor ein paar Jahren wurde der Aph. raddai auch in der cameronense-Gruppe geführt.

Hier mal eine Teilaufnahme eines Vertreters der cameronense-Gruppe, der Merkmale sehr deutlich zeigt:
Arten
Derzeit werden folgende Arten der cameronense-Gruppe zugeordnet: Hinzu kommen noch die sog. Phänotypen. Darunter versteht man Aufsammlungen, die man zwar klar der cameronense-Gruppe zuordnen kann, die aber vermutlich nicht zur Art Aphyosemion cameronense gehören. So wurde der ehemalige Phänotyp 6 von Sonnenberg & Blum 2006 zu Aphyosemion etsamense beschrieben.

Dazu muss man wissen, dass es von den vorgenannten Arten teilweise extrem viele Aufsammlungen gibt. Die können optisch stark differieren, aber auch sehr ähnlich sein. Besonders Aphyosemion cameronense hat ein sehr weites Verbreitungsgebiet und kommt quasi in unendlich vielen unterschiedlichen Formen vor.
Wenn die Abweichungen vom Urtyp allerdings zu groß werden, bezeichnet man sie aus Vorsicht als Phänotyp. Die eigentlichen Festlegungen überlässt man dann den Wissenschaftlern.

Herkunft
Die Arten der cameronense-Gruppe kommen aus Westafrika und dort aus Kamerun, Equatorial Guinea und Gabun. Der Zentralpunkt des Verbreitungsgebietes dürfte irgendwo leicht nördlich der Grenze Gabun/Kamerun liegen.
Abgesehen von Aphyosemion cameronense haben alle anderen Arten ein mehr oder weniger klar beschränktes Vorkommensgebiet. Daher ist es möglich bei neuen Aufsammlungen relativ sicher zu sagen was es sein könnte, bzw. was es nicht sein könnte.
Allerdings werden immer wieder Populationen aufgesammelt, die nicht genau einer Art zugestellt werden können. Erst 2009 wurde durch H. Gresens ein Fisch aufgesammelt, der sowohl zu Aph. cameronense zählen könnte, aber auch Merkmale von Aph. amoenum trägt.

Eigenschaften in der Aquaristik
In der Killifischaquaristik zählen die cameronense-Fische zu den anspruchsvolleren Arten. Die Gründe dafür sind vermutlich vielfältig. Jedenfalls "leiden" sie unter Vorurteilen, die alle sicher nicht ganz verkehrt sind:
sie müssen kälter gehalten werden
ja, sie kommen schon aus Gewässern in denen es empfindlich kalt werden kann bzw. die nur selten über 25°C gehen. Besonders für die Zucht ist kälteres Wasser sinnvoll. Spätestens wenn man nur einseitige Geschlechter erhält, sollte man darüber nachdenken.
Andererseits ist es durchaus möglich, dass mehr die in kälterem Wasser bessere Sauerstoff der springende Punkt sein kann. Ebenso möglich, dass es von Art zu Art unterschiedlich ist. Jedenfalls ist die Temperatur ein Thema
die Fische reagieren sehr empfindlich auf Wasserbelastungen
auch das ist in gewissen Grenzen richtig. In der Tat sind es keine Fische für gammeliges Wasser. Sie kommen aus kleinen klaren Bächen. Allerdings bedeutet das Vorhandensein von Mulm und sich zersetzenden Pflanzen und Blättern nicht, dass das Wasser schlecht sei. Sie können aber durchaus einen dicken Bauch und dicke Augen bekommen und dann war was mit dem Wasser.
sie sind schwer nachzuziehen
Das kommt darauf an. Sie können sogar sehr leichtgängig sein, aber nur eine Generation später stellt es sich anders dar. Man muss mit ihnen arbeiten, sich darum kümmern, am Ball bleiben, dann geht das auch. Trotzdem wird man auch dann Rückschläge hinnehmen müssen. Wenn alles so einfach wäre, wäre es aber auch langweilig.
sie sind schwer zu bekommen
Selbst in der Killi-Aquaristik sind sie nicht häufig und auch auf speziellen Killibörsen wird man sie nur selten mal im Angebot sehen. In Zoogeschäften schon gar nicht. Das gilt aber auch für andere Killifische. Sobald es etwas spezieller wird, wird es sehr dünn.
Dennoch sind sie da, wenn auch in erstaunlich geringen Aufsammlungszahlen. Ihre große Zeit hatten sie wohl in den 90ern und seit dem ist die Zahl der in der Aquaristik vorhandenen Aufsammlungen stark zurückgegangen. Ich vermute, dass es nur noch um die 30, maximal 40 verschiedene Aufsammlung in der Aquaristik gibt und die verteilen sich über alle Arten und Phänotypen der cameronense-Gruppe. Gemessen an der Anzahl der bekannten Aufsammlungen ist das so gut wie nichts.
Verhalten
Wie bei vielen anderen Fischarten auch, kann man das Verhalten der Tiere nicht punktgenau beschreiben. Sie können hochagil und neugierig und "psychologisch belastbar" sein, aber auch sich als unglaubliche Memmen zeigen. ich würde das auch nicht an Arten festmachen wollen. Selbst Fische in die Becken A absolut frech und sichtbar waren, sind nach Umsetzen in Becken B unsichtbar, selbst wenn sich die Aquarien gar nicht so sehr unterscheiden. Wenn die Fische nicht wollen, dann wird das nichts. Allerdings muss das auch kein Grund zur Besorgnis sein.

Prügeleien können vorkommen, wenn es ganz heftig läuft legen die auch mal einen um Geschlechtermäßig kann man das nicht festmachen, untereinander kann es Krawall geben, als auch geschlechterübergreifend. Allerdings sind sie nicht grundsätzlich als sehr aggressiv einzustufen und etwas Bewegung in der Hütte ist gar nicht so verkehrt. Wo alle nur unter den Blättern sitzen passiert zuchtmäßig meisten nicht so viel.

Aquarien / Futter / Wasser
Für 2 Pärchen bis 2 Trios reichen die üblichen 25ltr-Standartaquarien absolut aus. Sollte die Fische zusammen aufgewachsen sein, können sogar noch ein paar mehr Fische in solchen Aquarien ohne Nachteile gepflegt werden. Natürlich gilt es immer sie anfänglich im Auge zu behalten, da es nie ausgeschlossen ist, dass sich Rabauken unter ihne befinden. Das können durchaus auch mal die Weibchen sein, denn die werden bei einigen Arten sogar deutlich größer und kräftiger als die Männchen.

Das Wasser sollte tendentiell weich sein, also 100 µS/cm und weniger und einen leicht sauren Charakter. Abweichende Werte sind nicht so kritisch, weil es gibt glaubhafte Berichte in denen Haltung und Zucht in normalem Leitungswasser (200-250 µS/cm) und etwas Torfzusatz, tadellos funktionierte. Verallgemeinern würde ich das nicht, genauso wenig wie ich weicheres Wasser als Pflicht beschreiben würde.

Temperaturmäßig sollte es allerdings zwischen 19 und 23°C liegen. Anderenfalls wird man zumindest mit der Nachzucht Probleme bekommen. Die einfache Haltung funktioniert in wärmeren Wasser zumindest eine Zeit lang schon.

Zucht
Zur Zucht setzt man ein Paar, ein Trio oder auch mal zwei Pärchen an. Entweder in einem solchen Aquarium oder gar in einer flachen Schüssel mit 3-4cm Wasserstand, ein paar Eichenblättern darin und einem Wollmopp als Ablaichmedium. Wenn die Tiere laichreif sind und die Weibchen per Futter auch Laichansatz ausbilden konnten, werden sie ablaichen.
Die Laichkörner finden sich dann gut sichtbar in dem Mop und können mit den Fingern abgesammelt werden. Das schadet guten Eikörnern nicht. Man legt sie auf feuchten Torf oder in eine kleine Wasserschale und lässt sich sich darin entwickeln. Das dauert bis zum Schlupf etwa 14 Tage. Je nach Temperatur auch ein paar Tage länger oder auch mal weniger.

Auffällig trübe oder kleine Laichkörner sollte man besser gar nicht erst zur Zeitigung auflegen. Die vergammeln eh und schädigen andere Eier. Wenn zu viele bis alle Eier weiß werden, ist das angesetzte Prächen vermutlich noch zu jung oder zu alt. Das einer von beiden unfruchtbar ist, ist eher unwahrscheinlich. Man vermutet es zwar gerne mal, aber in fast allen Fällen ging es dann plötzlich doch.
Es kann aber auch ein Warnsignal dahingehend sein, dass man es mit nicht zusammengehörigen Geschlechtspartnern zu tun hat, sprich, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt. Das Vermischen kann sogar in vorhergehenden Generationen passiert sein, weil eng verwandte Arten über 1-2 Generationen fertile Nachzuchten bringen können.

Die Aufzucht der Jungfische ist unspektakulär. Artemien als Hauptfutter und das Wasser beachten, dann wird das schon.

Systematik
Wenn man sich mit Aphyosemion beschäftigt stolpert man zwangsläufig über Begriffe wie "Kathethys", "Diapteron", "Mesoaphyosemion" und so weiter. Dahinter verbergen sich immer aphyosemionartige, wobei die einzig "echten" Aphyosemion die der sog. elegans-Gruppe sind. Mit zunehmender Anzahl der Aufsammlungen und Beschreibungen wurde der Überblick schwieriger und so schuf man unter Untergattungen, z.B. Kathethys oder Diapteron. Diapteron wurden inzwischen sogar in Gattungsstatus erhoben [Seegers/Huber, 1977].
Die Fische innerhalb der jeweiligen Untergattungen haben große Gemeinsamkeiten und sind von denen der anderen Untergattungen gut unterscheidbar. Hier seien Diapteron und Kathetys beispielhaft genannt. Man wird sie kaum verwechseln.

Jetzt gibt es noch etliche Aufsammlungen die man nicht sicher zuordnen kann und die fügt man bis auf weiteres in Mesoaphyosemion ein. Die Untergattungen "Mesoaphyosemion" ist also im Grunde eine Zwischenablage für nicht sicher zuordnungsfähige Aphyosemion. Innerhalb von Mesoaphyosemion befindet sich die cameronense-Gruppe. Diese besteht auch wieder aus verschiedenen Arten, unter anderem aus den Aphyosemion cameronense.

Wenn man das Verbreitungsgebiet von Aph. cameronense anschaut und dann noch wertet wie unterschiedlich die teilweise aussehen, dann kann man begründet vermuten, dass sich in den als Aphyosemion cameronense eingeordneten Tieren tatsächlich viele Arten verbergen, die eben nur noch nicht untersucht, abgegrenzt und beschrieben worden sind. So wird es wohl auch sein.
Somit ist Aphyosemion cameronense im Grunde auch wieder nur ein Sammeltopf bzw. Zwischenlager für bisher nicht beschriebene und nicht den anderen Arten der Gruppe (mimbon, maculatum...) klar zustellbaren Aufsammlungen.

Wenn man die anderen cameronense-Arten sieht, dann haben die auch klare Merkmale, so dass man kaum einen Aph. mimbon als Aph. maculatum ansprechen wird. Nur bei Aph. cameronense gibt es kein klares Muster. Hinzu kommt, dass die Terra-Typica nur ungefähr bekannt ist und mich meine auch, dass nicht einmal ein Typusexemplar vorliegt. Man hat also nichts womit man vergleichen könnte.

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Autor: Olaf D.   Stand: 2012-04-09   File: http://www.deters-ing.de/Fische/cameronense_Gruppe.htm   User online: 1