Holzbalkendecken
Immer aucht die Frage auf, ob man denn ein größeres Aquarium auf einer Holzbalkendecke aufstellen könne. Es fällt mir jedesmal schwer, mich aus der Affäre zu ziehen und dennoch nützliche Ratschläge zu geben. Aus der Affäre ziehen deshalb, weil man eigentlich keine vernünftige Antwort geben kann, ohne die jeweils vorhandene bautechnische Situation zu kennen. Ein Arzt erstellt ja auch nur unter Vorbehalt Ferndiagnosen, wenn überhaupt.Mit dieser Seite möchte ich zeigen, wo die Probleme einer Holzbalkendecke liegen und weshalb ich nichts konkretes sagen werde.
1. Die gültigen Vorschriften
Es gibt im wesentlichen zwei DIN-Vorschriften, die für die Bemessung einer Holzbalkendecke heranzuziehen sind:- DIN 1055 Teil 1 und 3 - Lastannahmen
- DIN 1052 Teil 1 - Holzbau
Wenn der Aquarianer einen "Fachmann" fragt, dann kann dieser Fachman eigentlich nur unter Berücksichtigung dieser Vorschriften eine vernünftige Auskunft geben. Andererseits hat man es ja meistens mit Bestand zu tun und es liegt auf der Hand, dass auch ältere Gebäude, die teilweise ja noch nach alten Regeln und weniger nach Normen errichtet wurden, auch genutzt werden wollen. Es ist dann vorrangig eine solide fachmännsiche Einschätzung gefragt.
2. Die zulässige Belastung / Lastansätze
Holzbalkendecken müssen in üblichen Wohngebäuden für eine zulässige Verkehrslast von p=2.00 kN/m² berechnet werden, also 200 kg/m². Dieses gilt allgemein für Decken im Wohnbereich mit einer geringen Lastquerverteilung. Bei Decken mit einer ausreichenden Querverteilung, z.B. Stahlbetondecken, reduziert sich die anzusetzende Last auf 1.50 kN/m², also 150 kg/m² weil auch ein Lastabtrag in Querrichtung erfolgt, selbst wenn dieser nicht planmäßig angesetzt wurde. Eine Dielung auf Holzbalkendecken kann nicht ohne weiteres als lastverteilend angesetzt werden. Der Statiker rechnet also diese Belastung zzgl. dem Eigengewicht der Decke drauf und zwar vollflächig.Mehr Lasten werden nur berücksichtigt, wenn der Architekt dieses vorgibt, also z.B. ein Kaminofen oder so etwa. Badewannen werden nicht gesondert berücksichtigt.
Ab 300 kg Einzellast aus Geräten (auch Aquarien) sind gem. DIN 1055 zusätzliche Nachweise erforderlich, wenn der Standort statisch relevant ist. Ab 500 kg ist der Nachweis in jedem Falle erforderlich. Die Ausrede, daß in dem Raum ja nur drei Sessel, ein Tisch und ein Fernseher stehen, zählt nicht. Die Verkehrslast ist vollflächig anzusetzen. Punkt. Das mal zu den Lasten.
Man liest ja bisweilen von abenteuerlichen Auskünften, die Aquarianer auf Nachfrage von verschiedenen "Fachleuten" erhalten. Genau aus diesem Grunde bin ich bei Aquarien ab 300 ltr bzw. 500 ltr Inhalt auch sehr zurückhaltend mit Antworten. Wer jetzt aufgepaßt hat wird bemerkt haben, daß Beckeninhalt und Beckengewicht utnerschiedlich sind. Ein 300 ltr-Aquarium wiegt deutlich mehr. Im Grunde sind meine Auslegungen also schon aquarianergünstig.
3. Die Holzbalkendecke als Konstruktion
Es handelt sich zumeist um rechteckige Holzbalken, die in einem annähernd gleichmäßigen Abstand nebeneinander angeordnet sind und auf tragendem Mauerwerk aufliegen. Der Abstand beträgt gewöhnlich 50 cm bis zu 100 cm. Die Abmessungen der Balken selbst betragen etwa 8 bis 12 cm Breite und 16 bis 26 cm Höhe. Dieses sind Erfahrungswerte. Ausnahmen werden immer wieder angetroffen.Balken sind in einem theoretisch gleichmäßigen Abstand angeordnet. Darüber eine Dielung als Fußboden. Da wiederum kann noch eine Schüttung und ein Estrich drüberliegen.
Für die Berechnung der Spannung sind die Abmessungen (Breite, Höhe, Abstand, System und Länge) wichtig. Ohne die kommt man nicht weiter. Leider sind die Balkenabmessungen oftmals nicht bekannt, so daß der Statiker nichts nachrechnen kann. Irgendwelche Annahmen und Schätzungen sind kein Ersatz. Entweder weiß man es oder nicht, dazwischen gibt es nichts.Diese Tatsache wird gerne ignoriert, weil man möchte ja nicht das Laminat aufnehmen um an die Abmessungen zu kommen. Nur wenn man keine statischen Unterlagen hat und auch nicht die Örtlichkeit messen kann, wird das nichts, Dann muss man davon ausgehen, dass die Balken nicht mehr als die o.g. Sonderlasten von 300 kg tragen können. Das ist dann halt so
Das ist ein mögliches statisches System: Die Balkendecke als Einfeldträger. Eingezeichnet ist die normale Verkehrslast und ein Aquarium am Rand. Wer etwas von Statik kennt, wird merken, daß es sich nicht unbedingt um ein Biegeproblem handelt, sondern um ein Querkraft- oder Schubproblem.
4. Spannungen, Verformungen, statische Bewertung.
Eine Deckenkonstruktion muß drei Kriterien erfüllen:- Die Spannungen der Dielung und Balken dürfen die zulässigen Werte nicht überschreiten
- Die Durchbiegung der Decke darf das zulässige Maß nicht überschreiten und sie soll nicht schwingen.
- Die Mauerwerkspressung an den Auflagern darf den zulässigen Wert nicht überschreiten.
5. Aquariengröße
Jetzt kommt es: Die Beckenlänge quer zur Tragrichtung der Holzbalken ist nicht von Bedeutung. Es ist egal, ob ein Aquarium 1.0 oder 1,5 oder 2,0m lang ist. Der Statiker berechnet eine Decke pro laufenden Meter. Das heißt, er rechnet die Querschnittswerte und Lasten auf 1 m um und hat dabei z.B. 2 Holzbalken zu fassen. Erst dann, wenn man Lasten in die Breite verteilen will, da man mehr Balken braucht als unter dem Aquarium vorhanden sind, kommt die Beckenlänge wieder ins Spiel.6. Was also tun ?
Damit ein Fachmann eine wirkliche Aussage machen kann, sollte man ihm mit möglichst detailierten Informationen füttern. Also Angaben zu Decke (Länge, Balkenabstand, Balkenbreite und Balkenhöhe) und natürlich die Abmessungen und die zu erwartende Last aus Aquarium plus Unterschrank nennen.Wenn man diese Daten nicht hat, braucht man auch nicht zu fragen. Auch mich nicht. Als Statiker wird einem gerne der Schwarze Peter zugeschoben "...nun stell Dich mal nicht so an, sag schon das das geht ...". Wenn's dann später doch mal Ärger gibt, heißt es sehr schnell "... Du hast doch damals gesagt, es ginge ..".